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Hochwasser

 

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Hochwasser Mai 1999 in Rheinfelden

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Dienstag, 11.05.1999. Es ist nicht der erste Tag des Monats, an dem es regnet, wohl aber der erste Tag, an dem der Rheinpegel wirklich ansteigt. Ein Ende des Regens ist nicht in Sicht, weshalb man die Situation ernst nimmt und genauestens verfolgt.

 

Wie erwartet sieht es am Mittwoch kein bisschen besser aus. Im Gegenteil: Der Dauerregen und das Schmelzwasser aus den Alpen belasten den Rhein so sehr, dass dieser um 15 Uhr den kritischen Pegelstand von 5.80 Metern erreicht. Die Rheinbrücke muss ab sofort geschlossen werden. Feuerwehr und Zivilschutz beginnen, Keller auszupumpen, Sandsäcke herbeizuschaffen und die Altstadt auf noch mehr Wasser vorzubereiten. Dohlen werden zu Springbrunnen, die Kanalisation ist zunehmend überlastet. Um nicht noch weiteren Schaden anzurichten, wird die Kanalisation von nun an mit dicken Schläuchen abgepumpt.

Trotz grossem Einsatz seitens der Feuerwehr und des Zivilschutzes verschlimmert sich die Situation praktisch von Stunde zu Stunde. Der Rheinpegel steigt und steigt; lag er um 15 Uhr noch bei 5.80 Metern, so stand er vier Stunden später, also um 19 Uhr, bereits bei 6.40 Metern, Tendenz steigend. Mittlerweile steht die gesamte Altstadt unter Wasser, die Lage gerät ausser Kontrolle. Die Feuerwehr ist rat- und machtlos, bekommt jedoch weitere Unterstützung aus der Umgebung. Unter anderem finden sich die Werksfeuerwehr der Roche und die Stadtfeuerwehr Baden in Rheinfelden ein. Ganze Häuserreihen müssen evakuiert werden. Diverse Fernsehstationen schicken Übertragungswagen nach Rheinfelden, machen die Hochwasserlage zum Thema Nr. 1 in den Abendnachrichten und sprechen von einem Jahrhundert-Hochwasser.

Doch es kommt noch schlimmer! Der Rheinpegel steigt bis auf 6.80 Meter, wodurch der erste Brückenbogen bereits unter dem Wasser verschwindet, der zweite Brückenbogen hingegen noch knapp sichtbar bleibt. Ob die Brücke diesem Druck noch standhält? Die Feuerwehr rechnet mit dem Schlimmsten und befürchtet, dass ein Teil der Brücke mitgerissen wird.

Die Einsatzkräfte sind müde und erschöpft, doch die Bevölkerung ist auf sie angewiesen. Auch in der Nacht stehen die Feuerwehren im Dauereinsatz. Um 2 Uhr nachts dann ein Fünkchen Hoffnung: Der Pegelstand beginnt erstmals wieder zu sinken. Und die Brücke hält den Wassermassen noch immer Stand, trotz Baumstämmen, die mit der Brücke kollidieren und teilweise zu einem weiteren Aufstauen des Rheins führen.

 

Am nächsten Morgen registriert man einen Pegelstand von 6.00 Metern. Die Lage scheint sich etwas zu entspannen. Erstmals seit Beginn der Überschwemmungen kann der Regenschirm wieder zu Hause gelassen werden, der ganze Donnerstag ist mehrheitlich trocken.

Das Wasser in der Altstadt fliesst jedoch nicht ab und die Altstadt ist somit noch immer überschwemmt und unzugänglich. Zahlreiche Feuerwehren aus der Region bringen grosse Pumpen nach Rheinfelden und beginnen, das Wasser in der Altstadt wegzuschaffen.

Neben den Feuerwehren kommen jedoch auch weniger hilfsbereite Gäste nach Rheinfelden. Durch die intensive Berichterstattung im Schweizer Fernsehen reisen zahlreiche Schaulustige nach Rheinfelden, was beinahe zu einem Verkehrschaos führt, da zu wenig Parkplätze vorhanden sind.

 

Der Donnerstag, der Tag der Entspannung? Nein, denn bereits kurz nach dem Mittag beginnt der Rheinpegel wieder zu steigen. Die Lage verschärft sich wieder und es entstehen schon wieder neue Schäden, so zum Beispiel im Hotel Schiff, wo der hohe Wasserdruck die Fenster eindrückt und das im Keller einfliessende Wasser gar die Kellerdecke hebt. Die Betreiber des Hotels wie auch andere Einwohner müssen hilflos zusehen, wie ihre Häuser zerstört und unbewohnbar werden.

Die Feuerwehr, noch immer mit dem Abpumpen der Altstadt beschäftigt, hat keine Chance gegen das Wasser. Das Abpumpen gleicht einem Fass ohne Boden, fliesst doch immer wieder neues Wasser nach.

Der Rheinpegel bleibt bis am Abend konstant auf 6.50 Metern. Das sonnige Wetter vom Nachmittag hat jedoch zur Folge, dass der Pegel nach 20 Uhr wieder zu sinken beginnt. Die Brückenbögen sind wieder sichtbar, doch der Optimismus hält sich in Grenzen, da sowohl überschwemmte Zuflüsse zum Rhein wie auch vorhergesagte Regenfälle keine gute Voraussetzung für eine Entspannung der Lage darstellen. Die Feuerwehr erwartet gar ein neuer Höchststand, weshalb die ganze Stadt abgesperrt wird. Man verschafft sich so Raum für weitere Einsatzfahrzeuge und befreit sich von lästigen Sensationstouristen.

 

Am Freitagmorgen dann die grosse Überraschung. Ein neuer Höchststand wurde nicht erreicht, ganz im Gegenteil, der Pegel senkte sich auf 5.63 Meter. Man erwartet vorerst kein erneutes Ansteigen des Rheinpegels mehr und man beginnt deshalb mit den Aufräumarbeiten. Damit diese nicht behindert werden, wird die Bevölkerung gebeten, nicht unnötig durch die Altstadt zu gehen. Ungeachtet dessen ist der Pegel jedoch noch immer hoch und es fehlt nur wenig, um Rheinfelden wieder unter Wasser zu setzen. Gespannt verfolgt man deshalb die Wetterprognosen und hofft auf sonniges Frühlingswetter. Am Ende des Tages kann man die Situation wie folgt zusammenfassen: "Das Schlimmste ist wahrscheinlich vorbei!"

Tatsächlich – das Schlimmste war geschafft. Der Rheinpegel blieb jedoch lange auf konstant hohem Niveau und Zivilschutz und Feuerwehr hatten noch eine Menge zu tun. Man half bei den Aufräumarbeiten, die sich oft sehr mühsam gestalteten und durch Bestandesaufnahmen der Versicherungen behindert wurden. Die Kanalisation musste geflickt, die Stromversorgung wiederhergestellt werden. Sandsäcke blieben vorerst liegen und das Wachtpersonal wurde weiterhin beschäftigt, da der Pegel immer noch hoch war. Die Rheinbrücke konnte bereits am 15. Mai wieder eröffnet werden, musste allerdings nach einer Woche am 22. Mai bereits wieder gesperrt werden, da es wieder geregnet hatte und der Pegel nochmals eine gefährliche Höhe erreichte. Danach beruhigte sich die Lage endgültig.

Matthias Gass